Langlauf im Goms macht aus Sportlern Athleten
Wieso in den letzten 60 Jahren an jeder Olympiade beim Langlauf Gommerinnen oder Gommer am Start waren? Komm auf die Gommer Loipen und erlebe die Antwort beim Langlauf im Goms selber. Oder lehn dich zurück und lies einfach weiter, was mir beim Gleiten über die Gommer Loipen zu diesem Thema durch den Kopf geht.
Von Peter Gschwendtner
Ich befinde mich auf Loipen, auf denen schon Karl Hischier, Edi Hauser, Koni Hallenbarter, Hans-Ueli Kreuzer, Brigitte Albrecht-Loretan oder aktuell Benjamin Weger ihre Spur zogen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie zu ihrer Zeit den Langlauf in der Schweiz dominierten und internationale Erfolge bis hin zu Olympiamedaillen feierten. Und alle sind im Goms aufgewachsen.
Langlauf im Goms: Fitnesscenter vor der Haustür
Ich halte kurz an uns schaue von der Sonnenloipe aus über das halbe Tal. Ich wundere mich, dass ein kleines Völkchen wie die Gommer mit nicht mal 5000 Bewohnern über Jahrzehnte eine derart grosse Dichte an Spitzensportlern hervorbrachte. Mir dämmert, dass dies vor allem an zwei Dingen liegen könnte: Erstens lernt man im Goms von Kindesbeinen an, dass einem das Leben nichts schenkt und man für alles kämpfen muss; die beste Voraussetzung für eine der härtesten Ausdauersportarten, den Langlauf. Das gilt aber für viele abgeschiedene, alpine Hochtäler. Es braucht noch einen zweiten Erfolgsfaktor: Im Goms beginnt das schönste Trainingsgelände der Alpen für den Langlauf vor jeder einzelnen Haustür. Das zeigt mir ein Blick in die Runde. Ich laufe weiter.
Der Langlauf und die ältesten Gommer
Dieser natürliche Erfolgsfaktor kennt wiederum mehrere Ursachen. Zum einen wäre da der älteste Gommer: der Rhonegletscher. Er hat mit seiner gewaltigen Kraft über mehrere Eiszeiten hinweg dem Goms seine Form und seine für den Langlauf perfekten Flächen geschenkt. Ebenfalls zum Zuge kommt der zweitälteste Gommer: der Grimsler. Auch wenn er ab und an unangenehm bläst, sorgt er mit den umliegenden Bergen doch dafür, dass die Schneesicherheit im Goms auf dieser Meereshöhe im gesamten alpinen Raum einmalig ist.
Die bösen Zungen über Langlauf im Goms
Böse Zungen würden jetzt noch einen dritten Erfolgsfaktor für die Gommer Langläufer ins Feld führen: Es gab ja sonst nicht viel zu tun im Goms, als einsam seine Spur in den Schnee zu ziehen. Das galt für früher genau so wenig wie für heute. Denn Freizeit gab es früher in den Bergdörfern fast keine, wenn man den kargen Feldern und Wiesen seinen Lebensunterhalt abtrotzen wollte. Und heute steht den Gommern eine grosse Palette an Freizeitaktivitäten zu Verfügung.
Engadiner? Ein Kindergeburtstag
Natürlich gibt es heute bei 100 Kilometern Loipen für jeden sportlichen Anspruch das Richtige Gelände, die perfekte Spur. Anfänger können sich in den weiten Ebenen treiben und bequem vom Zug wieder zum Ausgangspunkt fahren lassen. Genussläufer entdecken an jeder Streckenbiegung Naturwerte, wie man sie sonst nur aus Büchern kennt. Ambitionierte Sportler finden jeden Tag perfekt präparierte Strecken vor. Weltklasseathleten müssen auf der beinharten Wettkampfstrecke in Ulrichen regelmässig über sich hinauswachsen, um Resultate zu erzielen. Und wenn ich die abgekämpften aber glücklichen Gesichter im Zielraum nach dem alljährlichen Gommerlauf sehe, erinnere ich mich an einen Spruch von Dario Cologna nach einem sehr harten Rennen über 42 Kilometer im Goms: «Im Vergleich dazu ist der Engadiner ein Kindergeburtstag.»
Ich laufe weiter, stosse mit Doppelstock kräftig ab, spüre wie die Loipe mich vorwärts zieht, lasse Rotten und eingeschneite Dörfer und Weiler an mir vorbeiziehen. Ein letztes Mal blicke ich für heute zurück und sehe ich Kinder, die ihr Training absolvieren, lachen, auf die Nase fliegen und wieder auf die Füsse kommen. Für sie sieht es gut aus. Denn für mich steht fest: «Das Goms macht aus Sportlern Athleten!»
Mehr Infos zum Langlauf im Goms gibt es hier.
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